Weniger Arbeitszeit - mehr Zeit zum Leben
Gesellschaft / 4.3.2022 / 0 Kommentare
Schon früh lernen wir, dass es unvermeidlich und auch moralisch verpflichtend sei, den größten Teil des Lebens gegen Bezahlung zu arbeiten. Bildung konzentriert sich darauf, auf die Arbeitswelt vorbereitet zu werden und für viele wird Wohlstand zum Kern ihrer Identität.
Nicht von ungefähr waren daher ständige Erreichbarkeit und maßlose Überstunden Anfang der 2000er Jahre Statussymbole für Arbeitnehmende. Wer wichtig war, kam als Erster und schaltete als Letzter das Bürolicht aus. Gehälter, Dienstwagen und Incentives waren die Messlatte für persönlichen Erfolg.
Zunehmend entwickelt sich ein neues Bewusstsein. Heute brüsten sich Mitarbeitende nicht mehr mit viel Arbeit, sondern mit viel Freizeit. Die wachsende Zahl verschiedener Sabbatical- und Teilzeitmodelle ermöglicht Mitarbeitenden – unabhängig von Position und Geschlecht – flexibel mit ihrer Zeit umzugehen.
Dass Mitarbeitende ihre Arbeitszeit hauptsächlich deswegen verkürzen, um ihre Kinder zu betreuen, ist eine weit verbreitete Annahme. Immer häufiger geht es Menschen darum, ihre Lebenszeit zu genießen, sich ihren Hobbys zu widmen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Ehrenamtliche Tätigkeiten und selbstorganisiertes Lernen stehen weit oben auf der Liste. Der Schwerpunkt im Leben der Menschen verschiebt sich zu einer „Multiaktivitätsgesellschaft" mit mehr Autonomie und Identifikation.
Geringere Arbeitszeiten sind kein einseitiger Trend bei Arbeitnehmenden. Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden in den nächsten Jahren großen Einfluss auf die Arbeitswelt nehmen. Je nach Entwicklungsgeschwindigkeit werden Jobs automatisiert und neue Tätigkeiten entstehen. 40-Stunden-Wochen werden vermutlich seitens vieler Organisationen nicht mehr notwendig sein.
Der Digitalexperte und Buchautor Karl-Heinz Land prognostiziert: „...in 15 bis 20 Jahren wird die Hälfte der Arbeit, so wie wir sie kennen, verschwunden sein. Und in drei bis vier Dekaden wird niemand mehr arbeiten – zumindest nicht für Geld ..."
Silvia Habedank