Richtig atmen und wirkungsvoll sprechen
Kommunikation / 21.9.2018 / 0 Kommentare
20.000 mal am Tag atmen wir ein und wieder aus. Das Atmen ist ein angeborener Reflex, der unmittelbar nach der Geburt aktiv ist. Niemand würde im Schlaf das Atmen vergessen oder könnte so lange die Luft anhalten, bis er tot umfällt.
Und obwohl das Atmen die natürlichste Sache der Welt zu sein scheint, atmen viele Menschen falsch. Sie atmen zu flach und zu hastig, wodurch die Lungen und der Blutkreislauf nur unzureichend mit Sauerstoff versorgt werden. Dies belastet die Organe und das Gewebe; zudem schwächt es das Immunsystem. Bei dieser sogenannten Hochatmung unterliegen der gesamte obere Brustbereich sowie der Hals, Kehlkopf und die Luftröhre einer einengenden Spannung. Die Folge: schmerzhafte Schulter-, Nacken- und Rückenverspannungen. Dadurch, dass der Atem sich nicht entfalten kann, geht Resonanzraum verloren. Der Sprechende hat das Gefühl, ihm bliebe die Luft weg, und die Stimme wirkt verkrampft.
Richtiges Atmen: Die Bauchatmung
Liegt ein Baby auf dem Rücken, so ist jeder Atemzug sichtbar: Der Bauch hebt und senkt sich. Menschen atmen von Geburt an zunächst einmal richtig. Sie atmen so tief ein, dass sich die Luft im Zwerchfell ausbreiten kann und sich die unteren Rippenbögen und die obere Bauchdecke nach außen wölben.
Übung:
Stellen Sie sich aufrecht hin und stemmen Sie Ihre Hände in die Seiten (Bereich zwischen Rippen und Becken). Atmen Sie ein und spüren Sie mit Ihren Händen, wie sie durch die eingeatmete Luft nach außen gedrückt werden. Jetzt atmen Sie richtig.
Das richtige Atmen kann wiedererlernt werden. In Yoga-Kursen zum Beispiel, im Autogenen Training und auch in Audiotrainings wird es gelehrt und geübt. Es lohnt sich: Denn wer richtig atmet, hat eine ausdrucksvollere Stimme, kann sich besser konzentrieren und wirkt souveräner.
Irrtümer
Diese weit verbreiteten Tipps sollten Sie gleich wieder vergessen:
1. Brust raus, Bauch rein – das wirkt selbstbewusst.
Ein eingezogener Bauch und enge Kleidung lassen keine Bauchatmung zu. Der Redner verspannt sich zunehmend, seine Stimme kann sich nicht entfalten, er kommt außer Atmen und wirkt gehetzt. Eine aufrechte Körperhaltung und bequem sitzende Kleidung sind ratsam.
2. Einen Fuß vor den anderen Stellen – das macht eine schlanke Silhouette.
Nur ein Standbein zu nutzen birgt die Gefahr, nicht standfest zu wirken und leichter angreifbar zu sein. Meistens steht der Redner dann auch etwas schief. Als Grundhaltung ist es besser, beide Füße hüftbreit nebeneinander zu stellen, so dass die ganzen Fußsohlen den Boden spüren.
3. Zu Beginn des Vortrags leise sprechen. Ziel: Das Publikum kommt zur Ruhe und schweigt schließlich, um den Redner zu verstehen.
Leises Sprechen kann vom Publikum als ängstlich und schüchtern gedeutet werden. Um einen selbstbewussten und sicheren Einstieg zu erlangen, empfiehlt es sich, mit einer klaren und etwas lauteren Stimme zu starten. Ein Redner, der durch einen interessanten, ungewöhnlichen Beginn Spannung erzeugt, erhält die Aufmerksamkeit der Zuhörer von Anfang an.
4. Auf dem Weg zum Rednerpult sprechen – das wirkt cool und routiniert.
Ungeübte Redner setzen sich damit unnötigem Stress und Fehlerquellen aus. Meist ist die Anspannung schon groß genug, sodass auf „Showeinlagen" verzichtet werden sollte. Ein ruhiger Stand, Konzentration auf die Einleitung und die Atmung sowie die Blicke des Publikums einsammeln ist der sicherere Weg.
5. Zügig sprechen und keine Pausen machen; denn Pausen wirken unsicher und vermitteln den Eindruck, der Redner hätte seinen Faden verloren. Anhaltendes schnelles Sprechen wirkt als Angst- und Fluchtsignal: „Bloß schnell weg hier!". Schnellsprecher können nicht richtig atmen. Ihre Aussprache und Betonungen leiden und die Zuhörer können nur schwer folgen. Zur Farbigkeit des Redebeitrags und somit zur Zuhörerbereitschaft führt ein ausgewogenes Verhältnis von langsameren und rascheren Passagen.
- Schnelles Sprechen ist gefordert, wenn der Redner aufrütteln, einheizen, emotionalisieren will.
- Ein mittleres Sprechtempo ist angebracht, wenn Zusammenhänge geklärt und Fakten dargestellt werden.
- Langsames Sprechen hebt Wichtiges heraus, beeindruckt oder problematisiert.
Pausen sind das Salz in der Suppe. Gezielte Pausen unterstreichen das Gesagte und geben Zeit zu verstehen.
Besonders wichtig: Auf Punkt sprechen
Aussagen erkennen wir, wenn die Stimme des Sprechenden am Satzende nach unten geht.
Beispiel: „Unsere Familie liebt Urlaub an der Nordsee."
Bei Fragen hingegen geht die Stimme am Satzende nach oben.
„Waren Sie schon einmal auf Sylt?"
So weit, so gut.
Manche Menschen haben die Angewohnheit, grundsätzlich - oder ausschließlich in Stresssituationen - bei Aussagen ebenfalls die Stimme am Ende zu heben. Verstärkt wird dieses Verhalten, wenn es sich um lange Sätze handelt, Sprechpausen vermieden sowie Pausenfüller, Füllwörter und Bindewörter eingefügt werden.
Die getroffenen Aussagen werden dadurch in Frage gestellt und der Redner wirkt unsicher. In solchen Momenten wird oft mehr gesagt, als der Redner ursprünglich wollte.
Beispiel – Die Vorstellungsrunde
Ich bin Sabine Müller und, äh, ich komme aus Hamburg und, nun ja, in meiner Freizeit treibe ich viel Sport also zum Beispiel Handball und Joggen und ich bin verheiratet und habe zwei Töchter. Ja, und ich habe mich zum Seminar angemeldet...
So sprechen Sie gut:
Formulieren Sie möglichst kurze Sätze, sprechen Sie auf Punkt und machen Sie nach jedem Satz eine kaum spürbare Pause.
Das sollten Sie vermeiden:
Lange Sätze, Pausenfüller („äh" und „mm") oder die Stimme zum Satzende immer stärker zu heben.
Eine deutliche, klare Stimme und eine dynamische Sprechweise mit Höhen und Tiefen finden den besten Anklang beim Gesprächspartner und Publikum. Richtiges Atmen und gutes Sprechen sind trainierbar. Eine einfache Möglichkeit ist, Texte vor einer Kamera laut vorzulesen oder frei zu formulieren. Die Aufnahme bringt es an den Tag, ob Endsilben verschluckt werden, das „R" vernachlässigt wird und wie häufig Verlegenheitslaute oder Räuspern stattfinden.