Silvia Habedank:

Alles nur ein Spiel?

HR / 31.8.2021 / 0 Kommentare

Alles nur ein Spiel

 

„Was sich der Moderator wohl dieses Mal für ein Spiel ausgedacht hat?", fragen sich die Teilnehmenden des Teamworkshops im Eingangsbereich des Tagungszentrums. Das fliegende Ei? Der Brückenbau? Das Spinnennetz? Oder Bauen mit Legosteinen?

Menschen besitzen einen angeborenen Spieltrieb und leben diesen – ungeachtet des Alters – auch gern aus. Vielen macht es Spaß, ihre Kreativität unter Beweis zu stellen, knifflige Aufgaben zu lösen und die eigenen Grenzen zu überschreiten. Aber was hat Spielen mit dem Job zu tun? Und wieso sollte man mit Kolleg*innen spielen? „Reine Zeitverschwendung", finden Skeptiker.

In der Tat habe ich auch schon Veranstaltungen besucht, in denen sogenannte Spiele eingesetzt wurden und sich mir deren Sinn nicht erschloss. Das lag jedoch selten an den Spielen.

Das Wort „Spiel" vermittelt zunächst den Eindruck, es handle sich dabei um eine nicht ernst zu nehmende Handlung, um reines Vergnügen also. Spiele seien etwas für Kinder, und „reines Vergnügen" passt für viele nicht zum Business.

Spielen ist für Kinder jedoch nicht nur Zeitvertreib, sondern von größter Bedeutung für ihre Entwicklung: Spielen ist notwendig, um sich selbst kennenzulernen, neue Fähigkeiten zu erlernen und zwischenmenschliche Beziehungen zu gestalten. Im Spiel werden absichtslos Erfahrungen gesammelt, die Lebendigkeit und Lebensfreude mit sich bringen.

Erwachsene erleben beim Spielen eine Art Regression. Lassen sie sich darauf ein, die reale Welt zu verlassen, sind sie offen für Neues und entfalten Kreativität und Leichtigkeit. Beim Spielen vernetzen sich Gehirnzellen neu , sodass sich auch neue Potenziale entwickeln können . Das gemeinsame Spiel mit anderen fördert soziale Kompetenzen und den Zusammenhalt. Grundsätzlich gibt es demnach gute Gründe, als Erwachsener auch im beruflichen Kontext zu spielen.

Und dennoch: Berater*innen, Trainer*innen, Moderator*innen und auch Lehrer*innen tun gut daran, auf das Wording zu achten. Statt „Spiele" eignen sich die Begriffe Erfahrungsorientierte Übungen oder Lernprojekte besser. Sie sprechen für eine Methode, die ein Ziel verfolgt. Und um dieses Ziel geht es.

Neben „Klassikern" findet sich eine Vielzahl von Übungen in der Literatur und im Netz. Sie dienen zum Beispiel dazu, das Kennenlernen zu vereinfachen, eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen, Kommunikationsverhalten sichtbar zu machen, Teamkonflikte aufzudecken, konstruktives Feedback zu ermöglichen oder Strategien zu entwickeln.

Das Wichtigste

Aufgabe der Übungleiterin/des Übungsleiters ist es, die passende Aufgabe für die Gruppe, das Gruppenanliegen und die Ziele auszuwählen. Meine Empfehlung ist, nur Übungen einzusetzen, an denen man selbst schon einmal teilgenommen hat. So kann die Moderatorin/der Moderator aus eigener Erfahrung beurteilen, ob sie passt und welche Herausforderungen es bei der Durchführung gibt.

Und: Auf die Dosierung kommt es an. Statt von einer Übung zur anderen zu jagen, ist es besser, sich zudem auf Sachinhalte zu konzentrieren und einen Methodenmix zu nutzen.

In der Anmoderation wird die Aufgabe klar beschrieben und es werden Regeln erläutert. Die Aufmerksamkeit aller Teilnehmenden ist erforderlich. Kann bereits am Anfang ein Bezug zur Gruppe hergestellt werden, so kann die Moderatorin/der Moderator dies nutzen. Während der Übung beobachtet sie/er den Prozess, um anschließend hilfreiches Feedback geben zu können.

Die Auswertung der Übung mit Reflexionsfragen und der Transfer in die Praxis sind das A und O. Jetzt entscheidet sich, ob der Aufwand der Unterhaltung und dem Spaß diente oder ob die Teilnehmenden auch etwas gelernt und für sich mitgenommen haben.

Im Spiel zeigen Menschen ihr authentisches Verhalten. Nach einer Übung fällt es uns leichter, zunächst das eigene Verhalten im Spiel zu reflektieren und dann die Assoziation zur Realität herzustellen. Daher ist es wichtig, die Fragen zunächst auf die Übung zu beziehen und dann die Verbindung zur Praxis herzustellen.

 

Beispiele:

Reflexion

  • Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?
  • Inwieweit wurden die Regeln eingehalten?
  • Was hat Sie erfolgreich gemacht?
  • Gesetzt den Fall, Sie wären Berater/Beraterin, was würden Sie Ihrem Team raten?
  • Gesetzt den Fall, Sie würden die Übung morgen wiederholen, was würden Sie beibehalten und was würden Sie anders machen?
  • Welche Handlungsoptionen gibt es noch?

Transfer

  • Worin erkennen Sie Parallelen zu Ihrem Alltag?
  • Welche Parallelen können Sie zu Ihrem Team ziehen ?
  • Was bedeuten diese Erfahrungen für Ihren Führungskreis?
  • Welche Erkenntnis aus dem Lernprojekt können Sie gewinnbringend nutzen?

 

 Silvia Habedank

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